Ein Kollege von mir ist vor drei Wochen gerannt, vom Kaiserpalast bis zum Fuße des Berges, der so unkreativ Ōyama — großer Berg — heißt. Da will ich auch mal hin, dacht' ich mir. Daraufhin war mein Fahrrad erstmal zwei Wochenenden in Folge in der Werkstatt.
Gestern hat's dann endlich geklappt. An der Küste die Nationalstraße 134 entlang, dann den Kanamefluss-Fahrradweg (der auf langer Strecke am Suzufluss verläuft) entlang, dann die Bergstraße zum Ōyama hoch. Von dort aus zu Fuß zum Gipfel. Und das ganze wieder zurück.
Summa summarum 80 km und 500 Höhenmeter im Sattel, und weitere 10 km und 1164 Höhenmeter auf Schusters Rappen. Beim Abstieg habe ich abgekürzt und die 280 Höhenmeter der Ōyama Standseilbahn mitgenommen. Trozdem hätte ich den Ausflug wohl nicht geschafft, wenn ich nicht fast die ganze Zeit Rückenwind gehabt hätte.

Bis zum Eingang vom Kaname-Fahrradweg ist man an der Nationalstraße 134 recht unbequem unterwegs, auf einer Vierspurigen Straße, die nur in der Theorie einen Fahrradstreifen hat. Der Kaname-Fahrradweg selbst ist einer der besten, der mir in Japan untergekommen ist. Ohne nennenswerte Unterbrechung immer schön am Fluss lang. Nur ein ganz kleiner Teil war auf Schotter. Und dazu die Stromleitung: Wenn ich Schienen hätte, wär ich 'ne Dampflok.

Die Bergstraße dahinter war auch nicht wirklich unangenehm. Nah genug am Rand vom Großraum Tokio, dass nicht mehr wirklich viel Verkehr ist. Und ein Teil davon war in Alte und Neue Straße getrennt, und auf der Alten war wirklich 0 Verkehr. Dafür aber Häuser mit einem altehrwürdigen Charme.

Von da an ging die wirkliche Plackerei auch schon los. Der erste Teil des "Wegs" verlief über weichen Waldboden. Hier (links) zwar recht gut zu sehen, aber so wenig begangen, dass der Weg teilweise nicht erkennbar war, und jeder Schritt ein paar Zentimeter auf dem weichen Boden ein paar Zentimeter abrutschte. Obendrein war der Wald von Forststraßen (unten rechts-mittig im Bild) durchkreuzt, die auf keiner Karte verzeichnet sind. Viel leichter zu begehen: große Versuchung, zu großes Risiko.

Der zweite Teil des Aufstiegs (3.0 km) hatte interessantere Vegetation und war besser beschildert, begangen, und ausgebaut, das aber leider in der Form von … … Treppen … … über Treppen.
Ein Wunder, dass ich es geschafft habe, zwei Fotos ohne andere Menschen zu knipsen. Bei dieser schönen Statue war ein zweiter Weg hinzugestoßen, und auf einmal war eine Völkerwanderung unterwegs. Zu meinem Verdruss auch noch alle in die andere Richtung, abwärts.

Meine Wasserreserven waren alle, ich ging auf Zahnfleisch. Aber irgendwie hab ich's zum Gipfel geschafft. Dort gabs erstmal drei Flaschen Getränke und eine Schachtel Yakisoba ("gebratene" Buchweizennudeln). Vier mal Vierhundert Yen. Es tat Not.

Der Ausblick war auch ganz nett, inklusive Zugbrettgefühl. Das Autobahnkreuz da unten sollte der Anfangspunkt der beiden Autobahnen sein, die zwischen Tokio und Nagoya verlaufen: Tōmei und Shin-Tōmei. Das Meer und die Izu-Halbinsel waren auch zu sehen, wenn man weiß, nach was man Ausschau halten muss. Fuji war fast nicht zu sehen.

Der Abstieg war interessanter. Der WegDas geborgte Bachbett war wesentlich anspruchsvoller, und führte zu einem recht hübschen Tempel. Durchaus ein erhabenes Plätzchen. Der Rest des Weges führte über die üblichen Tempeltreppen zur Standseilbahnbergstation. Ich sage Rest, aber da waren noch 2.3 km Talhatscher übrig. Aber der war eigentlich recht lustig. Einige der Häuser hatten Wasserfälle im Hinterhof. Laufen ging fast nicht mehr, aber Radeln ging noch ganz gut.

Am Ende des Weges grüßt wie immer E-no-Shima. Ein abwechslungsreicher, gelungener Fahrradausflug. Statistik